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29.04.2025

Von guten Mächten wunderbar geborgen

Es ist sein letztes und sein bekanntestes Gedicht – und irgendwie auch sein Vermächtnis. Zum Jahreswechsel von 1944 hat er es für seine Verlobte geschrieben. Wenig später wird er von den Nazis ermordet. Genau 80 Jahre ist das jetzt her. Ein paar Gedanken zu diesem besonderen Text von Dietrich Bonhoeffer.

Böse Mächte kennt er zur Genüge. Sie haben weite Bereiche seiner Welt erbarmungslos zerstört. Er hätte wohl längst aufgegeben, wenn da nicht auch die guten Mächte wären. Mächtige Boten des Mächtigsten. Gottesboten. Mit himmlischer Vollmacht und göttlichem Erbarmen. Engel aus dem Himmel mit einem Auftrag auf der Erde. Auf sie will er achten, an sie will er sich klammern. Auf sie will er auch seine Liebsten hinweisen. Dietrich Bonhoeffers letztes Gedicht wagt einen fulminanten Blickwechsel. Den brauchen auch wir heute.

Die guten Mächte sind nicht so laut und schrill wie die bösen, die das aktuelle Zeitgeschehen am Ende des Zweiten Weltkriegs bestimmen. Sie sind still, manchmal beinahe scheu. Sie drängen sich nicht auf. Aber sie sind treu. Lassen niemanden fallen, der es einmal gewagt hat sich ihnen anzuvertrauen. Bonhoeffer nicht, seine Verlobte, die 20-jährige Maria von Wedemeyer, nicht. Seine ganze Familie nicht. Uns heute nicht. Darum kann Bonhoeffer an Maria schreiben: „Es sind nun fast zwei Jahre, dass wir aufeinander warten, liebste Maria. Werde nicht mutlos!“ Irgendwie schreibt er das auch uns, damit wir’s nicht vergessen. Am Ende werden sich die guten Mächte durchsetzen, sie sind stärker als alle bösen.

Danach wird es weitgehend still um Dietrich Bonhoeffer. In den frühen Morgenstunden des 9. April 1945, kurz vor der Befreiung durch die amerikanische Armee, wird er zusammen mit Wilhelm Canaris und Hans Oster im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Einem Mitgefangenen raunt er im Vorbeigehen zu: „Das ist das Ende. Für mich der Beginn des Lebens.“ Dietrich Bonhoeffer lebt. Er lebt weiter in Gottes anderer Welt. Und er lebt weiter in seinen Texten. Nicht zuletzt in diesem berührenden Gedicht. Es lädt uns so unermüdlich ein, inmitten aller menschlichen Machtlosigkeit den guten Mächten Gottes zu vertrauen. Heute. Jetzt. Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Jürgen Werth

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