24.06.2013

Christliche Werte haben Bestand

Der erste Bundeskanzler der Nachkriegszeit in Deutschland, Konrad Adenauer, schrieb in seinen Erinnerungen an die Gründerjahre: „Der aus christlichem Ideengut erwachsene Grundsatz, dass die Würde der Person, die Freiheit und die sich daraus ergebenden Folgerungen über allem stehen müssen, allein konnte uns helfen, ein neues politisches Ziel dem deutschen Volk zu weisen, ein neues politisches Leben in ihm zu erwecken."

Der Gedanke mag heute vielen Menschen ungewohnt erscheinen, doch in den ersten Jahren der Bundesrepublik Deutschland war genau diese Einstellung die Grundlage für den Wiederaufbau. Als das Allensbacher Institut für Demoskopie wenige Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs, im Februar 1952, die Bevölkerung in einer repräsentativen Studie fragte: „Wie muss das Programm einer Partei sein, damit sie für Deutschland Gutes wirkt: Muss es christlich sein?" antworteten 56 Prozent der Befragten mit „Ja". Das waren wesentlich mehr, als die Parteien, die sich ausdrücklich auf christliche Traditionen beriefen, damals Anhänger hatten. Die Frage ist nun, ob diese christlichen Prinzipien auch heute noch gelten. Immerhin hat der christliche Glaube in der Gesellschaft ganz stark an Bedeutung verloren. Deshalb erstaunt es umso mehr, wenn wir sehen, dass jüngste Umfrageergebnisse zeigen, dass die christliche Kultur sogar von denen verteidigt wird, die sich nicht mehr als Christen verstehen oder dazu bekennen, wie das eine entsprechende Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie zeigt, die von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Jahr 2012 – also 60 Jahre nach der ersten Umfrage – in Auftrag gegeben wurde.

 "Eine Ethik ohne christlich-religiöse Fundierung scheint in der Moderne einfach nicht zu funktionieren."
Joschka Fischer (geb. 1948), Politiker, deutscher Außenminister von 1998 -2005

Kaum eine andere gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte vollzog sich so kontinuierlich, so gründlich und – wie man annehmen muss – so dauerhaft wie die Abwendung der Bevölkerung von der Kirche. Seit Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts bis heute sank selbst der Anteil derer, die bei Umfragen angeben, wenigstens „ab und zu" in die Kirche zu gehen, kontinuierlich. 63% der Deutschen gehen überhaupt nie in die Kirche. Das sind immerhin fast zwei Drittel der Bevölkerung. Wobei es in den östlichen Bundesländern sogar 80% sind.

Was übrig bleibt, ist eine vage Mystik

Der Glaube daran, dass Gott die Welt geschaffen hat, ist von 1986 bis heute von 47% auf 35% zurückgegangen, der an die Auferstehung der Toten von 38 auf 30%. An die Dreifaltigkeit glaubten vor einem Vierteljahrhundert noch 39 %, heute sind es nur noch 32%. Zugenommen hat hingegen der Glaube an „irgendeine überirdische Macht", an Schutzengel wie auch an Wunder und an die Seelenwanderung. Doch was sagt uns diese Entwicklung? Das Christentum wird gleichsam von innen her ausgehöhlt. Die Kernbotschaft findet immer weniger Glauben. Was übrig bleibt, sind Rand-Aspekte, kulturell geprägte Äußerlichkeiten und eine vage Mystik.

Doch nun die Überraschung

Wie die Umfrage des Allensbacher Instituts zeigt, identifizieren sich viele Deutsche, die sich schon längst nicht mehr zum christlichen Glauben bekennen, mit der christlichen Tradition. Das erstaunt und wirft gleichzeitig ein Licht auf die Qualität der christlichen Werte. Insbesondere in Zeiten, in denen willkürliche Gewalt und moralische Sittenlosigkeit immer mehr in den Vordergrund treten.

 Wahre Christen sind eine Werte-Elite, von der alle Menschen in der Gesellschaft profitieren.

Darin zeigt sich aber auch die kulturelle Bindung der Bevölkerung an das Christentum. Immerhin vertritt eine große Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor die Überzeugung, dass das Christentum eine bevorzugte Stellung in unseren europäischen Ländern einnehmen soll, weil es „zum Kern unserer Kultur gehört". Auf eine Gleichstellung der Religionen reagiert die Bevölkerung hingegen größtenteils ablehnend: Die kulturelle Verankerung im Christentum reicht also noch immer weit über die religiöse Bindung oder das offene Bekenntnis hinaus. Die Frage ist, wie lange noch. Denn wer die Verankerung im Glauben und damit seine Wurzeln verliert oder bereits verloren hat, wie soll der dem kontinuierlichen Ansturm antichristlicher Zeitströmungen auf Dauer standhalten? Gelingen kann das nur, wenn wir wieder zurückfinden zu unseren Wurzeln und zu unserem Glauben.

Christlicher Glaube – was ist das?

Dazu aber müssen wir mehr von unserem Glauben wissen. Denn es genügt leider nicht, sich als Katholik, Protestant oder als freikirchlicher Christ zu bekennen. Wir müssen auch wissen, was das im konkreten Alltag bedeutet. Wenn ein Christ zwar die Lehre der Bibel kennt, aber gleichzeitig seinen Bruder oder seine Schwester verleumdet, lügt und täuscht oder sich hinter der Fassade einer äußeren Frömmigkeit versteckt – was nützt ihm dann das Kennen der Bibel, wenn er sich nicht daran hält? Denn vor all dem warnt Gottes Wort ganz ausdrücklich. Gleiches gilt für viele Christen, die oftmals nicht mal mehr wissen, was in der Bibel steht. Sich zu einer Kirche zu zählen und gleichzeitig die fundamentalen Grundsätze des christlichen Glaubens nicht zu kennen, geschweige denn in seinem alltäglichen Leben zu praktizieren, ist schlicht und einfach Heuchelei. Davor warnt Jesus mit drastischen Worten. Wer die Worte Jesu an die Pharisäer liest, sollte erkennen, dass diese Warnungen auch uns gelten. Gerade in unserer Zeit ist es ja so einfach, sich hinter dem Zeitgeist zu verstecken und feige mitzuspielen, solange es nur alle anderen rings um uns her auch tun.

 „Auch als Nichtgläubiger fürchte ich eine gottlose Gesellschaft."
Gregor Gysi (geb.1948), deutscher Politiker, Rechtsanwalt

Die Aussage, dass der Mensch schon von Natur aus „unheilbar religiös" ist, mag zwar stimmen; doch umso wichtiger ist es, dass wir den wahren und an den Aussagen der Bibel ausgerichteten christlichen Glauben nicht gegen billige Versprechen des Aberglaubens vertauschen oder damit vermischen. Wie sehr diese Gefahr besteht, beweisen zahlreiche Umfragen, die uns in geradezu erschreckender Weise bestätigen, dass immer mehr Menschen in unseren europäischen Ländern zwar dem christlichen Glauben den Rücken kehren, doch nur, um sich gleich darauf dem Aberglauben, Horoskopen, der Esoterik oder anderen Glaubensvorstellungen wie dem Islam, Buddhismus oder spiritistischen Praktiken zuzuwenden. In seinem Buch „Gesellschaft ohne Gott" schreibt der mit dem katholischen Journalistenpreis ausgezeichnete Politikwissenschaftler und Publizist Andreas Püttmann davon, dass der christliche Glaube leider immer mehr „verdampft", und er zitiert ein altes Kirchenlied, in dem es heißt: „Weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit!" Doch wie es scheint, ist dieser Schlaf der Sicherheit sehr tief. Ob sich daran noch etwas ändern lässt? Wir können es nur hoffen.

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