24.10.2013

Ehe Krisen vergehen

Haben Krisen einen Sinn?

Das Wort Krise kommt ursprünglich aus dem Griechischen und steht dort in seiner Bedeutung in enger Verbindung mit Scheidung, Trennung, aber auch Unterscheidung, oder entscheidende Wendung. Daran wird bereits deutlich, dass Krisen nicht immer nur negativ sein müssen, sondern auch den Keim für etwas Neues und Gutes in sich tragen. Dennoch sind Krisen zuerst immer mit Enttäuschungen verbunden, mit Schmerzen, oft auch mit tiefen Selbstzweifeln, manchmal gepaart mit Hoffnungslosigkeit.

"Äußere Krisen bedeuten die große Chance, sich zu besinnen."
Viktor Frankl (1905 -1997),
österreichischer Neurologe und Psychiater

Die Chance einer Krise

Wer jedoch mit Menschen spricht, die durch Krisen gegangen sind, hört davon, dass in diesen Zeiten sehr oft Neues entsteht oder wächst. Meistens ist das etwas, was, im Rückblick betrachtet, nur auf dem Weg dieser konkreten Krise zustande kommen konnte. Der Grund dafür liegt wahrscheinlich darin, dass die meisten Menschen keine Veränderung suchen und deshalb über die Krise zu der manchmal notwendigen Veränderung gebracht werden müssen. Oft ist es auch so, dass die Krise exakt in dem Moment eintritt, wenn die Situation eines Menschen nur noch durch eine drastische Verhaltensänderung zu bewältigen wäre. Doch worauf kommt es nun an, wenn die Krise erst einmal eingetroffen ist? Wenn kein Wenn und Aber mehr hilft, wenn man vor sich selbst – und vielleicht auch vor anderen – ehrlich Bilanz ziehen muss?

Nicht in der Opferrolle bleiben

Das ist kein Zufall:
In der chinesischen Schrift gibt es für die Begriffe "Krise" und "Chance" nur ein Zeichen.

Viele Menschen verhalten sich in einer Krise leider so, dass sie mehr damit beschäftigt sind, sich über die Krise zu beklagen, als die darin liegende Chance zu erkennen und aktiv zu werden. Natürlich liegt es nahe, dass wir uns als Opfer sehen und diese Situation beklagen, wenn wir tatsächlich Opfer einer Verleumdung oder großer Ungerechtigkeit sind. Das ist verständlich. Es hilft uns nur nicht. Was kann und soll also ein Mensch tun, der in einer Krise steckt?
Schritte in der Krise, Schritte aus der Krise 1. Machen Sie sich klar, dass in jeder Krise eine Chance für Veränderung und Neuanfang liegt. 2. Kämpfen Sie nicht endlos dagegen an, wenn Sie in einer Krise stecken. Oft wird viel Energie damit verbraucht, zu fragen, wie eine Krise hätte verhindert werden können. 3. Sprechen Sie mit Freunden, Ihrem Ehepartner oder einem Seelsorger über Ihre Krise. Wenn gute Beziehungen solche Fragen ausklammern, sind es keine guten Beziehungen, sondern nur oberflächliche. 4. Beispiele sind hilfreich und machen Mut. Wenn wir uns umhören, wie andere ihre Krisen erlebt und bewältigt haben, kann das in unserem eigenen Erleben einer Krise helfen. Zwar wird die Krise des einen in den wenigsten Fällen 1:1 auf die eines anderen übertragbar sein; aber das Beispiel kann uns neue Perspektiven vermitteln und Mut geben.

Wer diese vier einfachen Ratschläge beherzigt, hat schon viel gewonnen. Denn alles, was uns hilft, eine Krise als das zu sehen, was sie ist, gewinnt Kraft, sie zu überwinden und wird gestärkt aus ihr hervorgehen. Denn in der Regel sehen wir Krisen nicht als Krisen, sondern als Katastrophen, als Abschluss oder Verlust. Das kann tatsächlich – subjektiv betrachtet – so sein, und es ist auch nicht falsch, es so zu sehen; solange wir nur offen bleiben für das Neue, für die Chance, die in fast jeder Krise steckt. Das zeigt zumindest die Erfahrung. Denn viele Menschen, die in Krisen waren, erzählen nach deren Überwindung, wie entscheidend wichtig diese Erfahrung für sie war. Machen Sie sich die Mühe und lesen Sie Biographien bekannter Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft oder Kunst, und Sie werden kaum einen Menschen finden, der nicht durch Krisen gehen musste. Das alles kann uns helfen, wenn wir in den Krisen unseres Lebens stecken, die in ihr wohnenden Chancen zu erkennen und zu ergreifen.

"Krisen sind Weichenstellungen des Lebens. Nur der Tod kennt keine Krise."
Andreas Tenzer (*1954), deutscher Philosoph

Krisen – Chancen für den Glauben an Gott

Krisen waren auch schon für ungezählte Menschen bereits die Chance, um Gott als liebenden Vater zu erleben. In Psalm 50, Vers 15 finden wir die Worte: "Wenn du keinen Ausweg mehr siehst, dann rufe mich (Gott) zu Hilfe! Ich will dich retten, und du sollst mich preisen." Ob wir Gott nach einer bestandenen Krise preisen, hängt von der Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit unserer Persönlichkeit ab. Doch dass Gott, der Vater, uns hilft, das haben Millio­nen von Menschen schon erfahren. Wichtig ist nur, dass wir es nicht machen wie neun der zehn aussätzigen Männer, von deren Heilung die Bibel berichtet. Nur einer der zehn kam zurück, um Jesus zu danken; die übrigen neun fanden es nach erfolgter Heilung nicht der Mühe wert, dem zu danken, der sie vom Aussatz befreit hatte. Diese Geschichte der Bibel bringt zum Ausdruck, wie wir Menschen sind. Wir möchten alles – vor allem Gesundheit und Wohlergehen. Aber sind wir auch bereit, dafür zu danken? Machen wir uns die Mühe, dem Schöpfer, von dem alles Gute kommt, mit Dankbarkeit zu begegnen? Ihm die Ehre zu geben? Oder müssen es immer Krisen sein, die uns diese Einsicht lehren? Wäre es nicht viel einfacher und schöner für Gott und uns Menschen, wenn wir ihm die Ehre geben würden, ohne dass er uns in eine Krise führen muss?

"Wer den Sinn einer ersten Krise nicht verstanden hat, bekommt eine zweite."
Pascal Lachenmeier (*1973), Schweizer Jurist

Wer etwas von diesen Zusammenhängen verstehen will, braucht sich nur Kinder anzuschauen, die manchmal gegen jeden gut gemeinten Rat von Eltern oder Erziehern genau das Gegenteil von dem tun, was ihnen hilft. Vielleicht sitzt eines nur vor dem Fernseher, anstatt zu lernen, oder beginnt zu rauchen oder Drogen zu nehmen und Süßigkeiten in sich hineinzustopfen, statt sich gesund und ausgewogen zu ernähren, ist egoistisch und frech, statt höflich und hilfsbereit zu sein. Wir können dieses Kind immer wieder darauf hinweisen, doch wenn es nicht auf die Ermahnungen hört, kommt es früher oder später zur Krise. So manchem kann tatsächlich oft erst in der Krise geholfen werden, so deprimierend das klingen mag. Wie solchen Kindern ergeht es auch vielen Erwachsenen. Würden sie nicht in eine Krise geraten, wären sie vielleicht ihr ganzes Leben lang an ihr falsches Verhalten gekettet. Der eine würde rauchen wie ein Schlot, der andere würde viel zu viel arbeiten. Erst eine Krise reißt sie heraus. Wer Krisen einmal aus dieser Perspektive sieht, versteht mehr von den Chancen, die sich daraus ergeben. Krisen sind nicht nur negativ, auch wenn wir sie als schmerzhaft empfinden. Viel häufiger ist es so, dass die Chancen weit wichtiger und vor allem für unser gesamtes Leben von viel größerer Tragweite sind. Es lohnt sich daher, eine Krise als das zu sehen, was sie sein kann: ein Sprungbrett zur Veränderung – hin zu neuer Lebensqualität und nicht selten auch neuer Lebensfreude. Wer das schon einmal erfahren hat, der wird eine Krise anders sehen und angehen als diejenigen Menschen, die in allem nur das Negative sehen. Das zu erkennen, kann uns helfen, mehr von den Geheimnissen des Lebens zu verstehen: Geheimnisse, die es zu entdecken gilt, wenn wir unser Leben erfolgreich meistern wollen.

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