27.04.2015

Warum Paare zusammenbleiben oder auseinandergehen

Michael Lukas Moeller, Professor für medizinische Psychologie an der Universität Frankfurt, Psychoanalytiker und Paartherapeut spricht in seinen Publikationen immer wieder davon, für wie wichtig er die Kommunikation und das Zwiegespräch in der Ehe hält, weil es, wie er sagt, „die Ehe lebendig erhält“. Wie er vertreten die meisten Therapeuten den Standpunkt, dass Sprachlosigkeit die größte Bedrohung der Ehe und die wahre Ursache für die weltweit steigenden Beziehungsprobleme und Scheidungsraten ist.

 

In den USA wendet ein Ehepaar durchschnittlich ganze vier Minuten täglich auf, um miteinander zu reden. „Davon,“ so sagt Prof. Moeller, “kann keine Beziehung leben, weil nicht mal die einfachsten Konflikte in einer so kurzen Zeit geklärt werden könnten.“ Empfindungen werden nicht mitgeteilt. Trauer, Enttäuschung und Wut fangen an, sich breit zu machen, und kommen dann auch zum Ausdruck. Zuerst unterschwellig, dann immer deutlicher; schließlich kommt es zur Verbitterung und einer wechselseitigen Entfremdung bis hin zu einem „Dopplesingledasein“, das inzwischen auch immer häufiger im Auseinandergehen endet. Moeller spricht hier von den USA, doch wir können in Europa Ähnliches beobachten. Immerhin wird auch in Mitteleuropa inzwischen jede zweite Ehe geschieden, ganz zu schweigen von den vielen nicht-ehelichen Partnerschaften, die auseinandergehen. Aber auch in bestehenden Ehen sieht es oft nicht besser aus. Die Gründe dafür sind sehr oft die gleichen.

1. Mangelndes Beziehungsbewusstsein

Kaum einer weiß, dass er seiner Beziehung, seinem Partner, seiner Ehe wirklich Zeit widmen muss, um sie aufrechtzuerhalten. Zeit miteinander verbringen und die Kommunikation pflegen - das sind die wichtigsten Aufgaben in einer Beziehung und erst recht in einer Ehe.

„Es gäbe viel weniger Enttäuschungen, wenn die Menschen vor der Ehe nicht so sehr danach fragen würden, wie der andere ist, sondern wie er auf sie wirkt.“
Karl Zeumer (1849 - 1914), deutscher Historiker

2. Die Ahnungslosigkeit

Obwohl es heute viele Publikationen und Informationsquellen gibt, gehen viele Menschen weitgehend ahnungslos in eine feste Beziehung oder in die Ehe. Das hängt auch damit zusammen, dass Vorbilder häufig fehlen. Wie kann eine gute Beziehung aussehen? Wie muss sie sein? Wie reagiere ich, wenn „Störmomente“ auftreten? Wie überwinde ich sie? Das alles sind Fragen, auf die wir Antworten haben sollten - und das möglichst, bevor wir eine Ehe eingehen.

3. Die Beziehungslosigkeit in der Beziehung

Paare, die zu wenig Zeit miteinander verbringen oder zu wenig kommunizieren, entwickeln eine „Beziehungslosigkeit in der Beziehung“, die im Grunde eine tatsächliche Scheidung oder Trennung bereits vorwegnimmt. Die „beziehungslose Beziehung“ ist jenes Nebeneinander an Stelle des Miteinander, das leider sehr häufig zu beobachten ist. Paare geraten in eine solche Situation vor allem dann, wenn sie über wesentliche Dinge zu wenig miteinander reden.

4. Die Lustlosigkeit in der Beziehung

Die beste Erotik wird unter der Last von Unerledigtem, Gereiztem und Resigniertem ersticken. Weltweit nimmt nicht nur der Glaube an die große Liebe von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ab, sondern auch die Lust an der Erotik. Viele Menschen haben es schon allein deshalb schwer, weil sie sich ausgerechnet von dem Menschen nicht verstanden fühlen, dem ihre größten Hoffnungen galten.

Modernes Leben und seine Auswirkung auf Paare

Irmela Hofmann schreibt über ihre Ehe: „Als mein Mann und ich noch nicht verlobt waren, gingen wir oft stundenlang spazieren und unterhielten uns dabei so angeregt, dass wir Zeit und Stunde darüber vergaßen. Wir dachten beide: So gut wie dieser Mensch hat mich noch nie ein anderer verstanden!‘ Wer uns gesagt hätte: ‚Wartet nur ab! Auch für euch kommt der Tag, an dem ihr euch sprachlos gegenübersitzen werdet, und es wird Zeiten geben, in denen ihr einander überhaupt nicht mehr versteht - wer uns das zu sagen gewagt hätte, den hätten wir ausgelacht.‘ Trotzdem hätte er Recht behalten!"

„Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst.“
Die BIBEL, Epheser 5,2

„Das Gespräch in der Ehe,“ so sagt Irmela Hoffmann, „hängt hundertprozentig von der inneren Haltung der Ehepartner zueinander ab. Leider ist es sehr schwer, die eigene Einstellung zum Anderen zu verändern. Das vor allem deshalb, weil jeder sich vom Anderen ein Bild gemacht hat, wie er sein sollte. Danach beurteilen und verurteilen wir einander in unseren Herzen. Dieses Urteilen und Verurteilen, dieses Richten übereinander tötet die Atmosphäre und den Freiraum für das Gespräch. Wenn wirklich etwas Neues beginnen soll, ist es nötig, mit diesen Urteilen aufzuräumen. Diese eisernen Riegel müssen gesprengt werden, damit verschlossene Türen sich öffnen und Mauern fallen können. Dazu aber braucht es mehr als unsere Anstrengung und unseren guten Willen. Zum Neuanfang braucht es die Kraft, die in dem Wort von Jesu Christus verborgen ist, das wir im Buch der Offenbarung lesen, wo es heißt: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Offb. 21,5) Diese Worte entfalten ihre Wirkung, wenn wir uns Jesus anvertrauen, im Gebet zu ihm kommen und ihn um die Heilung unserer Beziehungen bitten. Dann greift Jesus ein und bewirkt das Neue.“

„Glückliche Paare unterscheiden sich von unglücklichen durch die Intensität ihrer Gespräche. Sie reden nicht nur, weil sie glücklich sind. Vielmehr werden sie glücklich, weil sie reden. Zwar gehört noch mehr dazu, glücklich zu sein, aber ohne Austausch gibt es kein wirkliches Glück.“
Michael Lukas Moeller (1937 - 2002), Psychotherapeut, Sachbuchautor

In diesem Sinne ist der Glaube oftmals geradezu eine Notwendigkeit, um wirkliche Veränderung in einer Ehe zu bewirken. Wer das Scheitern seiner Ehe in Zeiten der Krise unbedingt verhindern will, findet im Glauben an den Gott der Bibel die Hilfe, die er sucht. Dafür gibt es Beispiele. Denn in der Liebesbeziehung zu Gott können wir lernen, uns neu zu sehen und zu unseren eigenen Schwächen und Defiziten zu stehen. Wir können unser Herz gegenüber Gott öffnen und dann auch gegenüber unserem Partner, unserer Partnerin. Gott kennt jeden von uns durch und durch. In seiner Gegenwart können wir unsere Gedanken der Mut- und Kraftlosigkeit, des Hasses oder der Rache und Unversöhnlichkeit ausbreiten, gleichzeitig können wir aber auch um Vergebung und Erneuerung bitten und diese dann auch erfahren. Das alles erleben wir durch Gottes Hilfe und Gnade, die jedem von uns gilt.

 

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