01.02.2008

Was brauchen unsere Kinder wirklich?

Der renommierte Pädagoge Hartmut Hühnerbein schrieb zum Geschehen in Berlin: „Dies sind die Früchte einer Saat, die wir selbst gesät haben! Wenn wir andere Früchte ernten wollen, müssen wir wieder anfangen, die unverzichtbaren Grundwerte zu säen.“ Die Saat, von der hier die Rede ist, ist aufgegangen auf dem Boden einer Gesellschaft, die der Schweizer Soziologe Peter Gross als „Multioptionsgesellschaft“ beschrieben hat. Deren Kennzeichen sind der „Säkularismus“, der „Pluralismus“ und der „Individualismus“. Der Säkularismus verzichtete auf die christlichen Werte, der Pluralismus erklärte alle Werte als gleich gültig, und der Individualismus überträgt dem Einzelnen die freie Entscheidung für oder gegen diese Werte. Was daraus wurde, zeigt sich in einer „Last-Minute-Mentalität“, deren Preis die Aufgabe der Verbindlichkeit ist. Abgeleitet von dem Leitsatz: „Ich kann alles tun, wenn und wann ich es will!“

Was aber wäre die neue Saat?

Als „neue Saat“ bezeichnet Hühnerbein „gesetzte“ Grundwerte, zu denen unverzichtbar die Zehn Gebote gehören. Ohne die keine Gesellschaft funktionieren kann. Deshalb müssen diese 10 Gebote auch von jeder Gesellschaft wieder gelebt und gelehrt werden, die aus der Gewaltspirale herauskommen will.

In die gleiche Richtung zielt das von der deutschen Familienministerin Ursula von der Leyen propagierte Bündnis für Erziehung. Dessen erklärtes Ziel ist es, „gemeinsam Leitlinien zu erarbeiten, wie christliche Werte wieder zum Fundament der Erziehung werden können“. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Initiative von verschiedenen Seiten angegriffen wurde. Da war davon die Rede, dass es „ein Affront gegen andere Religionen“ sei und dass die „Kirchen ja kein Monopol hätten auf Werteerziehung“. Doch von welcher Seite diese Argumente kommen, ist inzwischen mehr als bekannt, das gilt sowohl für unsere Region wie auch für andere Länder wie
z. B. Deutschland oder Österreich. „Kinder müssen zu mündigen Bürgern und aufgeklärten Menschen erzogen werden“, heißt es immer wieder. Die Realität jedoch sieht völlig anders aus. Die Gewalt unter Jugendlichen nimmt zu. Krankheiten wie Burn-out und Tinnitus
bei Lehrkräften aber auch. Anscheinend sind sie schon heute keine Einzelfälle mehr.

Warum sich also nicht wieder auf Christliche Werte in der Erziehung besinnen?

In einer aktuellen Umfrage der Zeitschrift Baby und Familie finden es
84,4 Prozent der Deutschen wichtig, Kinder nach dem Grundsatz der Nächstenliebe zu erziehen. 82,7 Prozent wollen, dass Kinder Wohltätigkeit gegenüber Bedürftigen lernen und 79,6 Prozent sagen, dass Erziehung unbedingt zur Gewissensbildung der Kinder beitragen sollte. Christliche Werte wie Nächstenliebe, Wohltätigkeit und Gewissensbildung in der Erziehung sind uns allen also nach wie vor sehr wichtig. Warum aber vermitteln wir sie dann nicht? Der bekannte Schriftsteller Heinrich Böll sagte schon vor Jahrzehnten: „Selbst die allerschlechteste christliche Welt würde ich der besten heidnischen vorziehen, weil es in einer christlichen Welt Raum gibt für die, denen keine heidnische Welt je Raum gab. Für Krüppel und Kranke, Alte und Schwache; und mehr noch als Raum gab es für sie: Liebe für die, die der heidnischen wie der gottlosen Welt nutzlos erschienen und erscheinen.“ Hier hat einer erkannt, worum es geht. Christliche Werte können in einer Erziehung nie falsch sein, weil sie für eine ganze Gesellschaft nie falsch sind. Im Gegenteil, wir bräuchten heute nichts dringender als diese christlichen Werte.

Das biblisch-christliche Menschenbild

Christliche Erziehung orientiert sich am biblisch-christlichen Menschenbild. Sie erkennt Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde an, wie es im
1. Buch Mose 1, 27-28 geschrieben steht: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ Demnach ist der Mensch weder ein Zufallsprodukt der Evolution noch ein reines Sozialwesen. Vielmehr ist er ein einmaliges Geschöpf Gottes, von Gott geschaffen als sein Ebenbild und bestimmt zur Gemeinschaft mit ihm. In diesem Sinn ist jeder Mensch Gott gegenüber auch verantwortlich. Wenn wir allerdings von Erziehung reden, so ist es wichtig zu erwähnen, dass christliche Erziehung diesen Glauben an Gott einem Kind auch nicht aufzwingen darf, wohl aber sollte ein Kind dazu immer wieder ermutigt werden.

Ein Beispiel dazu

Im Jahr 2003 erschien das von der bekannten ZDF-Moderatorin Petra Gerster und ihrem Mann Christian Nürnberger geschriebene Buch „Stark für das Leben“. Unter der Überschrift „Was uns wirklich wichtig ist“ ist in dem des Buch von einer religiösen Erziehung die Rede, von Bibel und Gebet. In diesem Text schildert Nürnberger mit großem Respekt seine eigene frühkindliche Erziehung durch die Mutter, die, wie er sagt „eine einfache Bäuerin“ war. In ihrer Erziehung erzählte sie ihm Geschichten: Märchen, Sagen, Legenden und biblische Geschichten. Von den biblischen Geschichten schreibt er: „... die konnte man glauben. Denn sie sind wirklich geschehen. Die Märchen waren am unterhaltsamsten. Aber es ließ sich im Leben nicht viel damit anfangen. Die Sagen und Legenden schärften den Geist, denn sie beschäftigten mich mit der Frage, was daran wohl wahr und was unwahr sein könnte. Die biblischen Geschichten aber, die machten mich fit fürs Leben, ohne dass ich es merkte.“ Und der Autor kommt zu dem Schluss: „Ja, Jesus macht die Kinder stark. Er macht sie furchtlos, mutig und selbstbewusst.“ Wir dürfen nur nicht glauben, dass die Vermittlung des christlichen Glaubens dem Kindergarten und der Schule überlassen werden kann. Wer das heute noch glaubt, der irrt sich sehr. Deshalb gibt es auch im Hause von ZDF-Moderatorin Petra Gerster und ihrem Mann Christian Nürnberger „zwei- bis dreimal in der Woche abends vor dem Einschlafen eine Bibelstunde.“  Und das, obschon sich beide Autoren als „nicht fromm“ bezeichnen. Dennoch ist Bibel und Gebet für sie ein unerlässlicher Beitrag zur Bildung, denn „... die Bibel ist ein Buch, ohne das man nichts versteht“, und „... Kinder können sich selbst beruhigen, trösten, sich von Ängsten befreien, wenn sie beten. Beten ist gut für die Seele.“

Schwierige Kinder – ratlose Eltern

Kindererziehung scheint in unserer Zeit immer schwieriger zu werden, und das führt inzwischen noch zu einem weiteren schwerwiegenden Problem: Viele Paare trauen sich diese Aufgabe offensichtlich nicht mehr zu. So ist, wie allgemein bekannt, die Geburtenrate in Mitteleuropa – mit Ausnahme von Zuwanderer-Familien – stark rückläufig, was spätestens in einem Jahrzehnt weitere große gesellschaftliche Probleme nach sich ziehen wird. Für die wachsenden Erziehungsprobleme mag es mehrere Gründe geben. Einer davon ist jedoch gewiss in der antiautoritären Erziehung zu suchen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass ein Kind in der Anfangsphase seines Lebens nicht nur Schutz und Fürsorge braucht, sondern auch liebevolle Führung, die auch Grenzen setzen kann, wo es nötig ist. Gleichzeitig braucht es auch Vorbilder mit echter Autorität, an denen es sich orientieren kann. Das ist nun einmal der Weg, den ein Kind bis zur Selbstständigkeit in verschiedenen Phasen durchläuft, wenn die Entwicklung zu einem geistig gesunden, mündigen Menschen führen soll. Als Eltern haben wir die Aufgabe, diesen Weg mit unseren Kin­dern zu gehen und sie gleichzeitig immer mehr in die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu entlassen. Väter und Mütter sollten in ihrer Führungsrolle jedoch stets fest bleiben, auch wenn das zur Auflehnung der Kinder führt. Denn gerade in dieser Auflehnung und Auseinandersetzung reifen die Kinder zu tragfähigen jungen Menschen heran – und auch Eltern können daran wachsen.

Väter sind durch nichts zu ersetzen

Auch das darf hier nicht unerwähnt bleiben. Schließlich galt es lange Zeit als überholt. Inzwischen aber wird immer deutlicher gesehen: Väter sind tatsächlich durch nichts zu ersetzen. Ein Vater, der für seine Kinder überhaupt nicht da ist oder nur am Wochenende für die Kinder erlebbar ist, schadet der Entwicklung der Kinder stärker, als das bisher angenommen wurde. Das hängt vor allem auch damit zusammen, dass ein Vater in seiner Wirkung auf das Kind anders ist als die Mutter – gerade deshalb aber auch unverzichtbar für die gesunde Entwicklung eines Kindes. Denn leider können selbst die besten Mütter einen Vater nie ersetzen! In seinem Buch „Moderne Väter“ führt Thomas Schirrmacher dazu zahlreiche Forschungsergebnisse an und zitiert u. a. auch Michael Lamb, einen amerikanischen Forscher, der nach jahrelangen Untersuchungen und Beobachtungen von Familien zu dem Ergebnis kommt: „Mit Ausnahme des Stillens gibt es keinerlei Hinweis, dass Frauen biologisch prädisponiert sind, die besseren Eltern zu sein“. Deshalb sollte Erziehung seiner Meinung nach auch nicht mehr länger als reine „Frauensache“ angesehen werden. Vielmehr sei es für die gesunde Entwicklung eines Kindes wichtig, dass sowohl Vater als auch Mutter sich um die Erziehung ihrer Kinder bemühen, sodass diese auch die so wichtige Unterschiedlichkeit beider Geschlechter ganz direkt erleben. Dieser Buchautor ist außerdem davon überzeugt, dass Väter eine entscheidende Rolle für den Glauben ihrer Kinder spielen. Zwar würden Kinder das Beten meist von den Müttern lernen, ob sie später aber regelmäßig selbst beten, hänge davon ab, ob sie erlebt hätten, dass ihr Vater regelmäßig betet. Denn

„Kinder richten ihre Werte ein Leben lang sehr stark an den Werten ihres Vaters aus.“

Männer sollten deshalb so oft wie möglich mit ihren Kindern zusammen sein und dafür auch ihre Prioritäten im Beruf überdenken. Denn Vaterverlust ist vielleicht eines der ernsthaftesten Probleme unserer Gesellschaft. „Die psychologische oder physische Abwesenheit der Väter von ihren Familien ist eine der größten unterschätzten Tragödien unserer Zeit“, sagt auch der amerikanische Psychologe Samuel Osheron von der Harvard-Universität und weist darauf hin, dass bereits 1995 das Magazin „Focus“ einen Artikel dem Verschwinden der Väter aus dem kindlichen Alltag widmete. Unter der Überschrift „Wo ist Vati“ berichtete „Focus“ am 30. Jänner 1995 über Forschungsergebnisse zu den Folgen einer männerlosen Erziehung. Demnach litt ein Drittel der Kinder aus vaterlosen Familien an psychischen Störungen. „Vaterlose“ Kinder neigten außerdem häufiger zu Schulversagen, Drogensucht und sozialen Auffälligkeiten. Mädchen mit einer fehlenden oder gestörten Vaterbindung würden häufiger Opfer von Missbrauch und öfter als Teenager schwanger. Väter spielen aber auch eine große Rolle, damit Jungen eine männliche Identität finden und Mädchen sich in ihrer Weiblichkeit bestätigt sehen. Wenn die Familienminister der EU also Väter dazu aufrufen, eine aktivere und präsentere Rolle in der Kinderbetreuung zu übernehmen, sollten Väter dieser Aufforderung im eigenen Interesse, aber auch im Sinne einer gesunden Entwicklung ihrer Kinder nachkommen. Vielleicht wurde auch tatsächlich noch längst nicht alles ausgelotet, was es an zeitlichen, technischen und finanziellen Möglichkeiten gibt, Arbeit flexibler und familienfreundlicher zu gestalten. Das nämlich wäre eine Chance, die vielleicht mehrere Probleme gleichzeitig lösen könnte. Es ist nämlich nicht richtig, wenn Männer sich aus der Erziehung zurückziehen und die ganze Arbeit ihren Frauen überlassen. Männer sollten vielmehr einen Weg finden und sich Zeit nehmen, um ganz bewusst mit den Kindern auch über geistliche Fragen zu sprechen. In der Bibel heißt es z. B. im Buch Josua, Kap 4, Vers 6: “Wenn eure Kinder euch fragen, dann sollt ihr ihnen antworten.“ Diese Aufforderung ist insbesondere an Männer gerichtet. Die Verantwortung für die Familien­andacht, für den geistli­chen Ta­ges­beginn, die biblische Geschich­te am Tagesende und das Gebet vor dem Einschlafen ist auch und vor allem eine Aufgabe für Männer. “Väter sind schließlich die ersten Männer, denen unsere Töchter begegnen.
Und sie sind die ersten Vorbilder unserer Söhne.“
Das sollten wir nie vergessen.

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