01.06.2017

Wie das Christentum die Welt veränderte

Eines ist gewiss: Die Globalisierung hat bereits heute viele Verlierer hervorgebracht, insbesondere die Mittel- und Unterschicht befinden sich bereits überall in einer Krise. Denn die Gewinner der Globalisierung tun wenig bis gar nichts, um ihre Gewinne zu verteilen. Solche Entwicklungen oder Versäumnisse bringen in der Regel Protestbewegungen hervor, die in Zukunft sicher noch viel stärker werden, wenn die Zahl der Verlierer weiter zunimmt und die Protestbewegungen entsprechend lauter werden. Der Ruf nach dem starken Mann ist in einer Reihe von Ländern schon laut geworden und brachte auch schon mehrere Politiker an die Macht, die sich nur nach außen hin an die Spielregeln der Demokratie halten. Diese latente Gefahr betrifft nicht nur Europa, sondern reicht weit darüber hinaus. Wir können uns fragen, wohin uns diese Entwicklung führen wird. Immerhin stehen wir immer noch in der ersten Phase der Globalisierung. Vorläufer der Globalisierung gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts, als der freie Handel und die daraufhin einsetzende Massenmigration durch die liberalisierten Kapitalflüsse ihren Anfang nahmen.
Heute sind es vor allem die Technik und die Mittel der schier unbegrenzten Kommunika­tion, durch die die globalen Netzwerke immer enger miteinander verflochten werden. Die Vorläuferphase der Globalisierung endete mit dem Ersten Weltkrieg. Wir können uns fragen, ob der Widerstand gegen die heutige Welle der Globalisierung wieder zu einem Weltkrieg führen wird. Denn die Globalisierung wird weiterrollen und den Konflikt zwischen Globalisierungsbefürwortern und -gegnern deshalb auch immer weiter anheizen.

Eine wichtige Rolle dabei spielt natürlich der starke kulturelle Wandel in Europa, der sich derzeit direkt vor unseren Augen abspielt. Die multikulturelle Gesellschaft breitet sich immer mehr aus, während das mit der europäischen Kultur eng verzahnte Christentum immer mehr an Bedeutung verliert. Dadurch wird aber auch dessen Einfluss und die Errungenschaften, für die andere Völker und Länder der Erde uns bis heute beneiden, verloren gehen. Denn wo keine Fundamente mehr sind, zerfällt auch das Haus, das darauf steht. Das Fundament des christlichen Gedankenguts wird heute immer mehr relativiert und verdrängt. Tatsächlich unterscheiden sich die europäischen Kulturen gegenüber anderen Kulturen der Welt aber gerade dadurch, dass Europa auf dem Boden biblischen Gedankenguts steht. Diese Erkenntnis ist deshalb so wichtig, weil sich in offenen Gesellschaften Kulturen so rasch verändern, dass nur die wenigsten noch mitbekommen, was mit ihnen geschieht, was ihnen genommen wird und in welche Richtung diese Veränderungen gehen.

„Denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht. Wenn sie sagen werden: Es ist Friede, es hat keine Gefahr –, dann wird sie das Verderben schnell überfallen wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entfliehen.“
Die BIBEL, 1. Thess. 5,2-3

Der Einfluss des Christentums auf die geschichtliche Entwicklung der Länder Europas war so groß, dass wir heute davon sprechen können, dass sehr viele Bereiche dieser Kultur ohne das Christentum gar nicht denkbar wären. Inzwischen haben die Völker Europas ihre durch das Christentum geprägte Kultur auch weit in die Länder der Welt hinein verbreitet. Wenn wir allein an die UN-Menschenrechts­charta denken oder an die Moralvorstellungen des Ehe- und Frauenverständnisses, so reichen die Wurzeln dafür tief in die Geschichte des Christentums zurück. Denn es war die revolutionäre Wirkung der Botschaft Jesus, die durch ihre Sprengkraft alte verkrustete Systeme aufbrach, den Aberglauben und die dadurch entstehenden Ängste überwand und die Menschen befreite. Bis heute hat diese Botschaft nichts von dieser Sprengkraft eingebüßt. Das sehen wir am Beispiel der weltweiten Mission. Wo immer das Christentum hinkommt, werden Menschen aus ihren verlogenen und sehr oft widerwärtigen Herrschaftssystemen herausgeholt und in die Freiheit entlassen. Denken wir nur an die bis heute praktizierte grausame Methode der Beschneidung von Frauen in islamischen Ländern oder an die Unterdrückung der Frauen in Ländern wie Indien und vielen anderen. Immer geht es darum, dass Menschen oder Menschengruppen durch das Mittel der Religion unterdrückt und an ihrer Entwicklung gehindert werden, bis sie durch die freimachende Kraft der Botschaft Jesu schließlich aus diesem Gefängnis ausbrechen und ihr Glück oft gar nicht begreifen. Wenn sich heute auch in Europa – aufgrund der immer weiter schwindenden Zahl der Christen – die Gesellschaftsordnung und das Recht der europäischen Länder zu ändern beginnt und kein allgemeiner Aufschrei dagegen zu hören ist, dann ist das nur darauf zurückzuführen, dass die wenigsten noch wissen, was sie verlieren. Aber spätestens wenn die Dämme endgültig brechen und Themen wie Euthanasie und Pflegenotstand wieder zum großen Thema werden, werden wir merken, wo die Reise der letzten Jahre hingegangen ist. Am Beispiel der Abtreibung wissen wir es bereits, nur gibt es kein Bewusstsein dafür, weil sich die Mordmaschinerie gegen die Schwächsten richtet. Aber wir können sicher sein, dass die Entwicklung dabei nicht stehenbleiben wird. Denn wo das Fundament wackelt, wackelt bald auch das gesamte Gebäude und stürzt früher oder später ein. Es ist eben alles eine Frage dieser Fundamente. Deshalb bringt Jesus in einem seiner Gleichnisse das Beispiel vom Haus auf Sand und dem Haus auf Felsen: „Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut. Wer aber meine Worte hört und nicht danach handelt, ist wie ein unvernünftiger Mann, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es ein und wurde völlig zerstört.“ (Mt. 7,24-27) Diese Botschaft ist eindeutig und wird in den nächsten Jahrzehnten noch für viele zur bitteren Realität werden. Darauf können wir uns verlassen, denn was derzeit geschieht, ist nur damit zu vergleichen, dass hier auf Sand gebaut wird. Das gilt für den einzelnen Menschen wie auch für unsere ganze Gesellschaft.

„Das Leid ist die Feuerprobe des Christentums.“
Adolph Kolping (1813 - 1865), Gründer der Kolpingwerke

Dabei wurzelt unsere ganze Kultur in der Bibel und im Weltverständnis des Chris­tentums, das Menschen über Jahrhunderte in ganz Europa und weit darüber hinaus aus der Gefangenschaft ihrer Ängste, ihres Aberglaubens und ihrer Unwissenheit herausholte, wissenschaftliche Forschung erst so richtig ermöglichte und Kunst, Architektur, Musik und Literatur zu ungeahnten Höhen trieb. Die ganze Welt bewundert die Werke von Johann Sebastian Bach oder Leonardo da Vinci. Warum ist uns das heute nicht mehr bewusst, dass nichts von all dem ohne das Christentum auch nur denkbar wäre? Durch die christliche Botschaft werden Menschen noch heute in ihrer Persönlichkeit durch die Annahme dieses Glaubens verändert, befreit und können sich daraufhin entfalten, wie es in keiner anderen Kultur möglich wäre. Vergessen wir nicht; es sind immer Menschen und nicht anonyme Mächte, die mit ihrer Haltung und Gesinnung Kulturen prägen, die Großes hervorbringen, das Leid dieser Welt lindern und aufgrund ihrer Befreiung von Bindungen zu immer neuen Ufern aufbrechen, sei es in der Wissenschaft wie auch in der Kunst. Dieser Einfluss des Christentums auf die Gesellschaft betrifft nicht nur karitative oder soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kindergärten und Waisenhäuser, sondern ebenso die Einführung der allgemeinen Schulpflicht für Jungen und Mädchen, die Bildung durch Universitäten sowie die Abschaffung der Unterdrückung der Frau und der Sklaverei. Selbst wer sich die Frage stellt, wie eine Wirtschaftsordnung gestaltet sein sollte, findet im christlichen Glauben die entscheidenden Fundamente in den Begriffen: Freiheit, Verantwortung und Arbeitsethos. Das alles ist wichtig, wenn wir tragfähige Antworten für die Zukunft finden wollen. Das wird auch ein Nichtchrist nachvollziehen können. Denn auch er lebt von diesen unschätzbaren Werten des Christentums, wenn ihm vielleicht auch nicht bewusst ist, dass viele von den als modern und säkular gepriesenen Werten auf dem Boden der christlichen Botschaft entstanden sind. Das gilt allerdings nur für Europa. Denn in anderen Ländern oder bei Menschen, die zum christlichen Glauben finden, ist das völlig anders. Sie erkennen den Unterschied zu ihrem früheren Leben sofort. Deshalb sind viele von ihnen so unendlich dankbar, dass sie in ihrem Leben die Chance erhalten haben, die befreiende Kraft des christlichen Glaubens kennenzulernen. Aber wer von uns in den Ländern Europas hat noch Freude an der befreienden Kraft des christlichen Glaubens?

„Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“
Worte der BIBEL, 1. Joh. 4,16b

Wir haben eingangs Mangalwadi zitiert, der bis heute immer wieder auf die zentrale Bedeutung der Bibel als dem „Buch der Mitte“ hinweist. (

„Buch der Mitte“, so heißt auch das Buch, das der indische Philosoph Vishal Mangalwadi geschrieben hat.) Von Martin Luther, dessen 500ster Jahrestag heuer gefeiert wird, wissen wir, dass seine Übersetzung der Bibel die Welt verändert hat. Das ist nicht nur die Ansicht einiger Christen. Das ist Geschichte und wird von Fachleuten überall anerkannt. Dadurch wurde der Westen zu einer denkenden und lesenden Zivilisation, so erklärt Mangalwadi, Professor für Praktische Theologie aus Allahabad, Indien. Denn aus der Bibel stammt nicht nur der Ansporn zur karitativen Hilfe, sondern auch die Idee der Gleichwertigkeit von Mann und Frau als Geschöpfe Gottes. Das ist für uns heute selbstverständlich. In Ländern wie Indien wie auch in vielen islamischen Ländern ist das überhaupt nicht so. Da ist die Frau noch immer manipulierbares Eigentum des Mannes. In Indien, wo die meisten Menschen noch immer vom Hinduglauben und dem davon abgeleiteten Kastenwesen geprägt sind, ist es genauso. Auch dort herrscht die Ansicht, dass Männer und Frauen nicht gleichwertig sind. Von daher erklärt sich vieles von dem, was als Schreckensmeldungen durch die Weltpresse ging, z. B. als vor einigen Jahren ein indisches Mädchen von einer ganzen Gruppe von Männern zu Tode vergewaltigt wurde – und die Polizei lange Zeit nichts dagegen unternahm.

Was passiert mit dem Teppich, wenn man den Faden zieht?

Mangalwadi vergleicht die westliche Zivilisation gern mit einem Teppich, bei dem der Faden gezogen wird, wenn er sagt: „Der Westen hat seine Seele amputiert. Er weiß nicht mehr, wie er groß geworden ist.“ Dabei sieht er die Bibel als die wichtige Inspirationsquelle des Westens und bedauert deshalb umso mehr, wenn er mitansehen muss, wie die Bibel in den europäischen Ländern immer mehr an Bedeutung verliert. Mangalwadi ist überzeugt, dass sowohl der Säkularismus als auch der Islamismus für den Westen zu großen Herausforderungen geworden sind, von denen sich derzeit überhaupt noch nicht sagen lässt, ob die Länder Europas ihnen gewachsen sein werden. Denn um diesen beiden Gefahren zu begegnen, bräuchte die westliche Welt eine Art von Reformation auf der Grundlage der Bibel, wie sie schon einmal stattgefunden hat. Denn nur wenn die Bibel das „Buch der Mitte“ wäre, könnte der Westen wieder aus den aktuellen Krisen finden, in denen er heute steckt. Dazu müssten wir aber wieder vermehrt zu unseren Werten und Wurzeln zurückfinden. Die Tendenz geht derzeit allerdings in eine ganz andere Richtung.
Denn Europa müsste sich auf die eigenen Werte besinnen, die die Länder Europas groß und mächtig gemacht haben – und das nicht nur in ihrem weltweiten Einfluss auf die Völker und Länder der Welt, sondern überall. Im Bereich der Wissenschaft ebenso wie im Bereich der Kunst und Kultur, der Forschung und Entwicklung, der Bekämpfung von Krankheiten wie der Bekämpfung der Armut. Überall sind die Länder des Westens heute führend – und in allem schlägt das christliche Erbe durch.

„Eine gründliche Kenntnis der Bibel ist mehr wert als ein Universitätsstudium.“
Theodore Roosevelt (1858 - 1919)

Aber heute wird nur noch vom Modell der Multikulturellen Gesellschaft gesprochen, obwohl immer mehr deutlich wird, dass sie eigentlich seit Jahrzehnten nicht funktioniert, sondern dass sich vielmehr schon längst Parallelstrukturen in nahezu allen Großstädten gebildet haben, in denen die Menschen zwar die Vorteile der christlich geprägten Gesellschaft zu nutzen wissen, aber gar nicht daran denken, deren Werte auch für sich selbst zu übernehmen. Sie leben viel lieber nach ihren Gesetzen und Vorschriften, in denen die Frau dem Mann als Eigentum gehört und nicht selten das Gesetz des Stärkeren gilt.

Was bleibt zu tun?

„Ich bin überzeugt“, so sagte erst kürzlich Ismail Tipi, der integrationspolitische Sprecher der CDU in Hessen, in einem Fernsehgespräch mit dem ZDF-Moderator Peter Hahne zur neuerlichen Leitbild-Debatte, „dass wir für unsere christlichen und humanistischen Wertevorstellungen eintreten müssen. Sie sind das Fundament unserer Gesellschaft. Wer die Normen und Werte dieses Landes nicht teilt, dem muss verdeutlicht werden, dass er in einem anderen Staat besser aufgehoben ist.“ Noch sind es nicht viele Stimmen unter den maßgeblichen Politikern, die sich öffentlich zu diesen Aussagen bekennen. Doch es werden mehr werden, je deutlicher die Auswirkungen der derzeitigen politischen und kulturpolitischen Veränderungen sichtbar werden.  Denn jede Gesellschaft braucht nun einmal gemeinsame Wertevorstellungen, um existieren und sich entwickeln zu können. Deshalb würde es auch den Ländern Europas und ihrer Gesellschaft nur gut tun, wenn sie wieder vermehrt auf ihre eigenen Werte achten und auch tatsächlich danach leben würden. Aber wie so oft im Leben geht es auch hier um das eine Beispiel, dem andere folgen. Deshalb wäre es so wichtig, dass Christen, die ihren Glauben ernst nehmen und die nach dem Willen Gottes leben, vorangehen und in allen Bereichen des Lebens den Beweis erbringen, was Zivilcourage ist, wenn es darum geht, die christlichen Werte zu leben, sie zu verteidigen und auf ihnen zu beharren. Gewiss ist jeder, der sich dem allgemeinen Trend widersetzt, sofort dem Spott der anderen ausgesetzt. Doch das ist genau das, was Jesus denen vorausgesagt hat, die aus seiner Kraft leben und nach seinen Geboten handeln. Denn sicher ist auch: Sie werden nicht scheitern, sondern daran erstarken und in ihrem Leben auf dieser Erde gleichzeitig noch viel Gutes tun.

 

Das könnte Sie auch interessieren