
500 Jahre Täuferbewegung (Teil 4)
46 % von den Anhängern der Täuferbewegung im 16. Jahrhundert waren Frauen. Wenn wir uns die Zahlen derjenigen Täufer anschauen, von denen wir wissen, dass sie für ihren Glauben hingerichtet wurden, waren 40 % davon Frauen. Das zeigt, dass die Bewegung der Täufer, die sich konsequent an den Lehren der Bibel und an der Bergpredigt Jesu orientierte, aus Männern und Frauen bestand, und dass Frauen wie Männer bereit waren für diesen Glauben alles aufzugeben und sogar zu sterben.
Dass die Täuferbewegung für Frauen, trotz all dem Leid, das sie dafür auf sich nehmen mussten, wichtig war, lag wahrscheinlich auch daran, dass sie dort deutlich mehr Handlungsspielräume hatten, als das für eine Frau in der damaligen Gesellschaft üblich war. Die Buchautorin, Historikerin und Expertin für das Thema „Täufer“, Priv.-Doz. Dr. Astrid von Schlachta drückt das wie folgt aus: „Phasen des Aufbruchs bieten Frauen mehr Möglichkeiten als Phasen, in denen Kirchen gefestigt und strukturiert sind.“ In ihrem Vortrag im Rahmen der ERF Thema des Monats Reihe geht sie näher auf die Rolle der Frauen innerhalb der Täuferbewegung ein.
Im 16. Jahrhundert, als sich der Bewegung der Täufer sehr viele Menschen anschlossen, übernahmen Frauen mitunter sogar die Aufgabe des Predigens in der Öffentlichkeit und bezeugten dadurch auch ihren Glauben. Selbst diejenigen Täuferinnen, die daraufhin gefangen genommen und zum Tode verurteilt wurden, nutzten den Tag ihrer Hinrichtung und vor allem den Weg zu ihrer Hinrichtungsstätte oft als Gelegenheit, um bis zu ihrem Tod den umstehenden Menschen von Jesus Christus zu predigen. Es gab viele, die davon so ergriffen wurden, dass sie sich anschließend der Bewegung der Täufer anschlossen und selbst Täufer wurden.
Hinrichtungen waren zur damaligen Zeit nämlich große Spektakel, zu denen sich Massen von Menschen versammelten. Diesem Publikum gaben die Verurteilten häufig zentrale und zumeist auch sehr bewegende Botschaften mit. So sagte z. B. Maria von Beckum, kurz bevor sie zusammen mit ihrer Schwägerin hingerichtet wurde, zur umstehenden Bevölkerung, während diese um sie trauerte: „Weinet nicht über das, was man uns antut; wir leiden nicht als Zauberinnen oder andere Missetäter, sondern weil wir bei Christus bleiben und von Gott nicht weichen wollten; darum bekehret euch, so wird es euch ewig wohl ergehen.“ Dann bat sie Gott darum, dem Richter zu vergeben, der sie zum Tode verurteilt hatte, und sich über die Welt zu erbarmen – und wurde ertränkt.
Mehr von diesen bewegenden Geschichten über Frauen in der Täuferbewegung hören Sie im Thema des Monats Mai im ERF Süd. Es ist in ganz Österreich und in Südtirol auf DAB+ und im Webradio auf www.erfsued.com zu empfangen. Weitere Literatur zur Täuferbewegung finden Sie im Buchshop der ERF Buchhandlung "Buchgalerie", online unter www.buchgalerie.com.