24.08.2022

Menschenhandel

Meistens ist es existentielle Not, sagt Beatrice Käufeler, die Menschen in diese Falle treibt – vor allem Frauen. In vielen Ländern dieser Erde mangelt es an Erwerbsmöglichkeiten. Vielerorts herrscht politische Instabilität. Oft sind es Naturkatastrophen, die zu dieser Situation führen, oder auch Kriege, Terror, Vertreibung. Ein weiterer Grund, warum es für viele Menschen in unterentwickelten Ländern noch immer keine Zukunftsperspektive gibt, ist die Korruption. Menschenhändler schmieren Beamte und machen so ihren Profit. Nur Wenige kommen vor den Richter. Grundsätzlich ist allerdings zu sagen, dass Menschenhandel nur deshalb betrieben wird, weil es eine starke Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen und billigen Arbeitskräften gibt. In Süd- und Ostasien gibt es sogar den Organhandel.

Vom Menschenhandel betroffene Mädchen und Frauen kommen z. B. in Nepal wie auch in anderen Ländern aus sehr schwierigen Familienverhältnissen. In der Hindu-Kultur müssen Mädchen zum Unterhalt der Familie beitragen. Das wird von ihnen erwartet. Tun sie es nicht, verlieren sie ihr Gesicht und werden abgelehnt. Deshalb sagen sie ja, um ihre Familie damit zu unterstützen. Andere halten es vielleicht zu Hause nicht mehr aus, weil sie geschlagen oder vernachlässigt werden, gehen deshalb von zu Hause weg und leben auf der Straße. Es gibt aber auch Familien, die ihre Töchter ganz bewusst verkaufen.

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Warum sehen wir weg?

Viele von uns sind einfach nicht informiert, andere relativieren das Unrecht als etwas, das es – zumindest bei uns – kaum noch gibt. So ist die Bereitschaft gering, etwas dagegen zu unternehmen. Hinzu kommt, dass es auch Interessenskonflikte gibt, wie z. B. bei gewissen Vermietern oder Bordellbetreibern. Sexuelle Ausbeutung findet nun mal nicht nur im Rotlichtmilieu statt, sondern auch in Massagesalons, auf der Straße oder auch in Privatwohnungen. Schätzungen gehen davon aus, dass der Umsatz, der in der Schweiz täglich mit Prostitution gemacht wird, ganze 8,8 Millionen Franken beträgt. 3,5 Milliarden Franken, das sind 3,59 Milliarden EUR, in einem Jahr. Offiziellen Schätzungen zufolge werden weltweit derzeit mehr als 40 Millionen Menschen versklavt. Ausgangssituation dafür ist die Hoffnung, ein besseres Leben zu führen oder mehr zu verdienen. So reisen Asiaten und Afrikaner in die Golfstaaten, arbeiten Männer auf Baustellen, Frauen in Haushalten. Vielen von ihnen wird, sobald sie angekommen sind, der Pass abgenommen oder sie geraten in die Hände von Schleppern, Zuhältern oder auch nur Wirtschaftstreibenden, von Familien, die sie zwar beschäftigen, gleichzeitig aber auch ausbeuten, missbrauchen und manchmal tatsächlich versklaven. Frauen landen oft auch in der Produktion von Pornos, wo sie noch einmal auf eine ganz andere Art ausgebeutet und ihrer Würde beraubt werden.

Gallus Tannheimer, Geschäftsführer der COM weiß von Frauen, die z. B. in Nepal betäubt wurden und in einem indischen Bordell wieder aufwachten. Die Form des Menschenhandels ist an vielen Orten der Welt zu beobachten: Zwischen Balkanländern und Westeuropa, Nepal und Qatar, den Golfstaaten, Vietnam und Europa, Zentralasien und Moskau. Die kriminellen Einzeltäter oder Banden sind international vernetzt und gut organisiert. Deshalb müssten Staaten, wenn sie dagegen vorgehen, auch noch viel mehr zusammenarbeiten.

Menschenhandel sieht man nicht oder will man nicht sehen

In Deutschland ist das Problem besonders schlimm. Laut der Berliner Beratungsstelle Hydra arbeiten in Deutschland 400.000 Frauen als Prostituierte; die meisten davon unfreiwillig. Diese Zwangsprostituierten kommen aus Bulgarien, Moldawien, Slowenien und Nigeria. Das sind zur Zeit die vier Länder, aus denen die meisten Menschen nach Deutschland geschleust werden. Organisierte Banden kaufen, entführen oder verführen Frauen und halten sie anschließend gefangen. Es ist beschämend, aber Deutschland ist heute zur Drehscheibe für Menschenhandel geworden.

Christsein verpflichtet

Der Gott der Bibel ruft uns zum Einsatz für Menschen auf, die am Rande der Gesellschaft stehen. Das können arme Menschen sein, Witwen, Waisen, Kranke, Behinderte, aber auch Ausgebeutete und Unterdrückte. Als Christen sind wir dazu aufgerufen, das Böse, das im Finsteren geschieht, ans Licht zu bringen, den Betroffenen mit christlicher Nächstenliebe zu begegnen und ihnen herauszuhelfen. Wir können uns nicht auf christliche Werte berufen und daran erfreuen und uns gleichzeitig mit dem Unrecht abfinden, das rund um uns geschieht, unter dem so viele Menschen leiden, vor allem Frauen.

Im Grunde können wir alle viel dagegen tun. Wir können z. B. dazu beitragen, dass es zu einer Sensibilisierung für das Thema kommt. Wo immer wir sind, können wir unsere Stimme erheben. Am Arbeitsplatz, in den Schulen, überall gibt es Gelegenheiten, aktiv zu werden. Menschenhandel ist eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz. Wo immer wir unsere Stimme dagegen erheben, handeln wir.

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