01.05.2022

Hinschauen und hinhorchen – So geht Kommunikation

Ein reicher junger Mann kommt zu Jesus. Er sucht das Gespräch. Jesus lässt sich auf ihn ein. Und der Evangelist Markus notiert: „Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm…“

Für mich beschreibt das den geheimnisvollen Dreisprung der Kommunikation: Erstens hinschauen. Zweitens den anderen wahrnehmen und lieb gewinnen. Und erst dann – drittens – etwas sagen.

Lesen Sie auch


Wenn Kosenamen zu Beschimpfungen werden

Die meisten psychischen Störungen resultieren aus Aggression, Wut und Bitterkeit …


Das erste: Hinschauen. Blickkontakt ist der vielleicht innigste Kontakt zwischen zwei Menschen. Unsere älteste Enkelin kam als Frühchen auf die Welt. Dadurch ist ihre Sehkraft massiv eingeschränkt, was in der Regel dazu führt, dass sie den nicht wirklich ansieht, mit dem sie spricht. Wozu sollte sie auch! Sie sieht ihn ohnehin nicht wirklich scharf. Sie hat keinen Blick, mit dem sie den Blick des Gegenübers finden kann. Das schränkt die Kommunikation mit ihr stark ein. Zum Glück haben wir längst andere Mechanismen für die Kontaktaufnahme entwickelt. Aber trotzdem: der Blickkontakt ist schwer zu ersetzen.

Alles beginnt mit dem Hinschauen! Wer ist der Mensch, der mir gegenüber steht? Wie ist er heute drauf? Was bewegt ihn? Was ist die Frage hinter seiner Frage? Wer sich dafür keine Zeit nimmt und am Gegenüber vorbei sieht oder gar durch ihn hindurch, wird anschließend auch an ihm vorbei reden. Die Kommunikation von Jesus mit uns Menschen beginnt immer mit Hinschauen und Hinhorchen. Nicht nur damals. Auch heute. Er schaut mir tief in die Augen. Jesus ist ein Tiefschauer. Und ich weiß mich wahrgenommen und ernstgenommen. Und muss ihm nichts mehr vormachen. Und will es auch nicht.

Denn – und das ist das zweite – Jesus schaut nicht nur hin. Er schaut liebend hin. Verstehend. Er gewinnt mich lieb. Er wendet sich nicht enttäuscht von mir ab, nachdem er hingeschaut hat. Er wendet sich mir zu.
Und erst dann – drittens – sagt er etwas. Und das kommt an. Es trifft Hirn und Herz. Es öffnet die Augen und befreit die Seele.

So geht Kommunikation bei Gott. So könnte Kommunikation auch bei uns gehen. In unseren Ehen, in unseren Familien, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde. Hinschauen und hinhorchen, das Gegenüber lieb gewinnen und erst dann etwas sagen. Wir wissen es doch längst: Nur der lässt sich von einem anderen etwas sagen, der sich wahrgenommen und ernstgenommen und angenommen weiß.

Jesus ist der große Hinseher und Hinhörer, der Liebhaber der Menschen. Er ist Gottes Zuwendung in Person. Und er möchte uns helfen, es ihm in unseren alltäglichen Begegnungen ein klein wenig gleich zu tun.

 

Das könnte Sie auch interessieren